Gefährdung und Schutz der Tagschmetterlinge

Tagschmetterlinge sterben vorrangig aufgrund von Lebensraumveränderungen und -zerstörungen aus.
Ein größerer Teil der heimischen Tagschmetterlingsarten sind in den vergangenen 100 Jahren, besonders im Zeitraum 1940-1970, im Bestand +/- deutlich zurückgegangen, viele Arten sind regional, einige in ganz Oberbayern ausgestorben.
Bei den meisten Tagfalterarten sind Zerstörungen bzw. Nutzungsänderungen der Lebensräume nachweislich die Ursache des Aussterbens,
insbesondere: 
- Intensivierungen in der landwirtschaftlichen Nutzung 
- Verlust lichter Waldstrukturen ("Dunkelwald-Forstwirtschaft"), leblose Waldränder
- Aufgabe traditioneller Nutzungen (z.B. extensive Schaf- und Rinderbeweidung, Streuwiese)
- Überbauungen (Straßen, Wohn- und Gewerbegebiete etc). 
Dieser Trend setzt sich weiterhin, wenn auch etwas verlangsamt, fort.
Weitere Ursachen sind natürliche Arealveränderungen und möglicherweise Klimaveränderungen („Atlantisierung“, mildere Winter).

Nachweislich nahezu ohne Bedeutung für das Artensterben ist dagegen das Sammeln der Schmetterlinge, welches durch strenge Gesetzesauflagen weitgehend unmöglich gemacht wurde und den wenigen Heranwachsenden, die sich noch für heimischen Tiere begeistern, die Beschäftigung mit Schmetterlingen in unerträglichem Maße erschwert. Gleiches gilt z.B. für Museen oder Schulen, die eine Schmetterlingsaustellung planen. Das Sammeln der Schmetterlinge ist da zwingend notwendig, wo Bestimmungen nur durch Belegnahme abgesichert werden können (bei den Tagschmetterlingen z.B. einige Scheckenfalter- und Dickkopffalterarten). 
Innerhalb von Naturschutzgebieten ist die Belegnahme verboten, was dazu führt, das z.B. im Mallertshofer Holz nicht abgesichert werden kann, ob dort Pyrgus armoricanus, ein deutschlandweit vom Aussterben bedrohter Schmetterling nun vorkommt oder nicht und entsprechend auch keine Schutzempfehlungen, die das Fortbestehen der Art dort sichern, erfolgen können usw. usw...

Als Lebensräume sind für Tagschmetterlinge ohne Bedeutung:
Intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen, Hecken, dunkle Wälder, Siedlungen und Gärten.

Vielerorts wurden in den vergangenen Jahren Biotopneuanlagen durchgeführt. Zumeist legt man Tümpel an (z.t. an völlig unsinnigen Stellen oder gar am besten gleich in Quellmoore) oder pflanzt Hecken. Beides nutzt den Schmetterlingen so gut wie gar nichts. Erfreulich wäre, wenn diese Neuanlagen nicht immer so einseitig erfolgen und statt dessen verstärkt Wildblumenwiesen angelegt würden, dann hätten die Schmetterlinge auch schon wieder ein wenig mehr Zukunft !

 

Der Schutz der heimischen Tagschmetterlinge kann nur durch Erhalt ihrer Lebensräume gesichert werden:
 - Sicherung und Entwicklung der verbliebenen Moorgebiete, Aufrechterhaltung einer standortgerechten Pflege (v.a. Streuwiesennutzung, extensive Beweidung; keine Aufforstungen oder Entwässerungen)
 - Sicherung und Entwicklung der verbliebenen Kalkmagerrasen, Aufrechterhaltung von Herbstmahd oder extensiver Schaf- und Rinderbeweidung (keine Aufforstungen oder Überbauungen)
 - Sicherung und Entwicklung lichter Waldbereiche (keine Waldnachverdichtungen, Lichtungen erhalten...)

Jeder kann aktiv beim Schmetterlingsschutz mithelfen, z.B. bei Landschaftspflegemaßnahmen des Landesbund für Vogelschutz oder durch Förderung von Naturschutzprojekten wie dem Altmühltaler Lamm. 

 

 

Nachfolgend Beispiele für Lebensraumzerstörungen aus Oberbayern (beliebig erweiterbar):

1.) Intensivierungen in der landwirtschaftlichen Nutzung


Östliches Dachauer Moos 
zwischen Dachau, Haimhausen und München (DAH, M-L) heute.
 Einst eines der tagfalterreichsten Gebiete Deutschlands, 
heute blüten- und tagschmetterlingsfreie Agrarsteppe




Dachauer Moos nochmals beim Mooshäusl (DAH, M-L), April 1999




Bergkirchner Moos (DAH), Graben inmitten von Maisfeldern 
Einstiges Moorgebiet, heute intensiv landwirtschaftlich genutzt 
und fast tagfalterfrei



Hebertshauser Moos (DAH), Mai 2001



Agrarfluren im Hügelland bei Arzbach (DAH)



Lauterbacher Filze (EBE), 1999 
bis auf wenige (als Naturdenkmal geschützte) qm landwirtschaftlich völlig intensiviertes Moorgebiet, sämtliche niedermoortypischen Tagfalterarten ausgestorben.


Brucker Moos (EBE), Juni 1999
ehemals schmetterlingsreiches Moorgebiet in einem Talkessel, 
heute Güllelandwirtschaft und tagfalterfrei



"Naturschutzgebiet" Oberdingermoos (ED), April 1998
Streuwiesenpflege mit tonnenweise Maissilage, Zuckerrüben und Kartoffeln. Die vollständige Umwandlung ehemaliger  Duftlauch-Pfeifengraswiesen in stinkende Rotwild- und Fasanenfutterstellen auf vielen Dutzend Hektar ist vollendet, alle moorbewohnenden erfolgreich Tagfalterarten ausgerottet
 (1998 vergass noch das Blaukernauge auszusterben,  hat dies zwischenzeitlich aber sicher nachgeholt). In Oberbayern kaum noch zu überbietendes Beispiel 
für beispiellose Biotopzerstörung in den vergangenen 30 Jahren
(vergleichbar: Notzingermoos, ebenfalls ED, ebenfalls "Naturschutzgebiet")



Nochmals Oberdingermoos (ED), Juni 1996:
Holunder, Taubnesseln, Brennesseln, Kanadische Goldrute und Kaukasischer Riesenbärenklau statt Pfeifengras, Duftlauch, Orchideen und Enzianen, 
wenige Nesselfalter (Tagpfauenaugen und Landkärtchen) statt Artenvielfalt (Blaukernauge und Scheckenfalter)



Hügelland bei Thalheim (ED), Mai 2005


Hügelland bei Eschlbach (ED), Mai 2005



Fürstenfeldbrucker Hügelland (FFB), März 2004



Agrarwüste im Unterbayerischen Hügelland 
bei Hetzenhausen (FS)
so wie hier sieht die Landschaft heute fast überall 
im Unterbayerischen Hügellandteilweise auch auf den Schotterplatten aus.



Hügelland hinter Freising bei Zolling (FS)



Nochmals Agrarwüste, hier bei Günzenhausen (FS)



Oberes Mösl bei Neufahrn (FS), September 1996



Nochmals Oberes Mösl (FS), März 1996



Moosach bei Deutenhausen (FS), 14.08.1999
ehemals Moorwiesen mit Sumpfknabenkraut und Kaiser-Karls-Zepter, 
heute Maisäcker 




Agrarwüste mit absterbender Eiche 1 (Juli 1999)
nahe der Regattastrecke Oberschleißheim (M-L), 
ehemals Dachauer - Schleißheimer Moos




Agrarwüste mit absterbender Eiche 2 (Juni 1997)
nahe der Regattastrecke Oberschleißheim (M-L), 
ehemals Dachauer - Schleißheimer Moos



Agrarwüste mit absterbender Eiche 3 (Juni 1997)
nahe der Regattastrecke Oberschleißheim (M-L), 
ehemals Dachauer - Schleißheimer Moos



Maisfelder am Häufergraben im Ismaninger Moos (M-L),
August 2004



Donaumoos bei Neuburg (ND). Einst riesiges Niedermoorgebiet, 
heute vollständig in intensiv landwirtschaftliche Flächen umgewandelt, 
bereits weitgehend im 19. Jahrhundert
Im Bild oben eine ehemalige Feuchtwiese, durch Nährstoffeintrag 
zu einer Brennnessel- und Ampferwüste verkommen
Heutzutage ist das Donaumoos tagschmetterlingsfrei, 
von den "Allerweltsarten", den Kohl- und Rapsweißlingen 
sowie den Nesselfaltern abgesehen



Gülle-Landwirtschaft, tagfalterfrei 
bei Riedering (RO)


Gülle-Landwirtschaft bei Wasserburg am Inn (RO), Juni 2005
Tagschmetterlingsfrei soweit das Auge reicht




Intensiv-Landwirtschaft im Umfeld des Weitsees 
bei Schnaitsee (TS), 2001




Inselbiotop: Magerrasen bei Murschall (TS), Juni 2001
 innerhalb von Maisäckern

 

Inselbiotop: Oase in der (Agrar-) Wüste
Toteisloch mit Zwischenmoorvegetation und völlig isoliertem 
Vorkommen des Hochmoor-Perlmuttfalters (Bolorias aquilonaris)
Grossornach bei Obing (TS) 2001
 

2.) Intensivierungen in der forstwirtschaftlichen Nutzung
Aufforstungen, "leblose" Waldränder, Monokulturen

 



Petershausen, Weißlinger Holz (DAH)
Aufforstungen an einem der letzten mageren, 
blütenreichen Waldränder im Landkreis.



M-Moosschwaige (M), Oktober 1996
Aufforstung von Streuwiesen mit Fichten 
Verlust nahezu aller moorbewohnenden Tagfalterarten, 
u.a. sämtliche 6 Scheckenfalter

 

Waldrand am Burgholz bei Erdweg (DAH), 2001
typisches Beispiel für Waldränder im Tertiären Hügelland, 
Übergang von dunklem Fichtenwald in leblose Äcker


Isarauen bei Mintraching (FS)
Aufforstung von blüten- und 
tagfalterreichen Brennenstandorten



Isartal bei Grünwald (M-L), 
durch +/- völlige Verwaldung starben hier zwischen 1920 und 1970 
etwa 40 Tagfalterarten aus, ein oberbayernweit wohl nur 
durch das Dachauer Moos übertroffener Negativrekord



Höhenkirchener Forst (M-L), 1998
Schnellwachsende, aber anfällige Fichtenmonowälder 
prägen Teile Oberbayerns, insbesondere die Privatwälder



"Waldnachverdichtung" im 40 qkm großen Forstenrieder Park (M-L), 
Mai 1998 
Eine der letzten lichten Kiefernwaldbereiche  
wird durch Fichtenpferchungen für Tagfalter unbesiedelbar gemacht. 
1998 noch Einzelbeobachtungen des Wald-Wiesenvögelchens 
und des Dukaten-Feuerfalters.



Deisenhofen, Gleißental (M-L), Juni 1998
Geologisch interessantes, etwa 10km langes Trockental, 
einst Lebensraum vieler Tagfalter, 
heute vollständig zum Fichtenforst verkommen



Aufforstung einer Pfeifengraswiese im Wald bei Holzhausen (M-L)


Aufforstung blütenreicher Heideflächen 
am Südrand der Fröttmaninger Heide (M), 2004


Mangfalltal bei Valley (MB) heute
Ehemals eines der tagfalterreichsten Gebiete Oberbayerns, u.a. bis etwa 1930 Schwarzer Apollo



Brenne an der Traun bei Irsing (TS), 2001
Einer der letzten Kalkmagerrasen im nördlichen Landkreis Traunstein 
Hinter einem Sportplatz gelegener Magerrasenrest von wenigen qm 
mit Betretungsverbot und Fichtenaufforstung



So sehen heute viele ehem. Aussichtspunkte im Isartal aus:
Malerwinkel bei Tattenkofen (TÖL)

3.) Überbauungen



München-Freimann (M), inzwischen überbaute Teilfläche 
der Fröttmaninger Heide (1997) mit u.a. Silberdistel, 
Regensburger Ginster, Wundklee, Hufeisenklee u.v.a.m.



Autobahntrasse Allach-Langwied (M), ab 1997 
weitgehende Zerstörung der Magerrasen durch
Kiesentnahme und Autobahnbau
einer der wertvollsten Trockenstandorte im Nordwesten Münchens 
wurde weitgehend entwertet




M-Lerchenau, ehem. Alabamadepot (M)
Magerwiese mit Wiesensalbei-Blühaspekt 1997, 
ab etwa 2000 zu einem LKW-Stellplatz umgewandelt


Salbeiwiese heute



München, Allacher Lohwald (M), Mai 1989
Eine der gigantischsten Biotopzerstörungen in Oberbayern 
im 20. Jahrhundert: der Bau des Rangierbahnhofes 
quer durch den Allacher Lohwald und über die Allacher Heide
(auch unten: 1999)


München, Rangierbahnhof Nord (M)
September 1998





München, Schwabing-Nord, an der Berliner Str. (M), Juni 1997
Blütenreiche Wildkräuterflur mit Königskerzen, Natternkopf 
und Bunter Kronwicke
Wie viele weitere Ruderalfluren in den vergangenen Jahren ersatzlos überbaut


Berliner Str. heute



M-Freimann
, Schotterflur 1997



M-Freimann 2003



Grasslfinger Moos, Moorrelikt des Dachauer Mooses
Zerstörung von Moorbirkenwald mit kleiner "Sonnentau-Lichtung"
 für die Autobahn (FFB) 1997 oben und unten Herbst 1996







Olching, Grasslinger Moos (FFB), 1998
Bau der Eschenrieder Spange 
quer durch einen Moorbirkenwald mit Zwischenmoorresten
(über die letzten Sonnentaupflanzen des Dachauer Mooses hinweg)



Olching, Grasslfinger Moos 1999
Es ist vollbracht, der Verkehr fließt 

 

Sonstiges

 




München-Harthof, Rathenaustr. (M), 2003
Mit viel Geld wird aus einer blüten- und tagfalterreichen Ruderalflur 
ein giftgrüner, lebloser Rasen
 

Müllkippe im Geschützten Landschaftsbestandteil 
bei Aschheim-Dornach (M-L)



Freinhausen, Moosberg (PAF), 2000
durch Aufforstung und Acker bis zum Waldrand 
zerstörter ehemaliger Lebensraum vom Enzian-Ameisenbläuling


Münsing, Quellmoor bei Happerg (TÖL), Juni 1995
Aus einem hochwertvollen, biotopkartierten Quellmoor
wird eine Fischteichtreppe